Die Kultur in Zeiten von Corona

Ein Gastbeitrag von Markus Schaber (Freiburg)

Die Rolle von Kultur in Zeiten von Corona

 

„Systemirrelevante Berufe sollen zu Zeiten der COVID-19-Krise nicht ausgeübt werden.“ 

 

Ein Satz, der einem sicherlich öfter zu Ohren kommt, als in vergangenen Krisenzeiten. Maßnahmen, die mit diesem Satz verbunden sind, haben jedoch starken Einfluss auf die Gesellschaft als komplexes Konstrukt. Viele ökonomische Sektoren brechen unter den Auswirkungen von COVID-19 zusammen: Sektoren, die seit Jahrzehnten Bestandteil unserer Gesellschaft sind. Es sind nicht nur große Mode-Boutiquen, Restaurants, Museen oder Konzerthäuser, nein, auch der kleine Second-Hand-Laden oder das kleine Straßencafé um die Ecke, die nun handeln mussten und ihre Mitarbeiter*innen in den Zwangsurlaub schicken mussten.

 

All diese Institutionen sind zugehörig zu dem Körper unserer Gesellschaft, Bestandteil unserer kollektiven Identität und unserer Kultur. Kultur ist nicht nur der wöchentliche Besuch in einem Museum, das Zuhören eines klassischen Konzertes in schicker Abendgarderobe. Kultur bedeutet unser alltägliches Agieren und Zusammenleben. 

 

Ich möchte das Beispiel des Körpers etwas ausführen. Unsere Gesellschaft ist meiner Meinung nach mit einem Körper vergleichbar. Es gibt essentiellere und weniger essentiellere Organe und Körperteile. Dies ist variabel, an die Zeit angepasst, jedoch ist es immer von Bedeutung, dass der ganze Körper eins ist.

 

Der Magen kann nur gefüttert werden, wenn die Hände dem Mund Nahrung zuführen. Passiert dies nicht, ist die Auswirkung primär im Magen zu spüren, doch auf längere Sicht wankt das Konstrukt des Körpers und die Beine werden zu schwach und drohen unter der Last zu brechen. Dem Kopf fällt es schwerer, Entscheidungen zu treffen, die maßgeblich für das weitere Vorgehen des Körpers sind. In so einer Zeit ist es natürlich ersichtlich, dass der Kopf Entscheidungen treffen muss, damit der Körper nicht unter solch einer Bedrohung zusammenbricht.

 

Die Entscheidung unserer Regierung einigen Körperteilen sozusagen vorübergehend ein Lokalanästhetikum zu verabreichen mag sinnvoll sein. Zur Eindämmung von der Corona-Pandemie ist es ein wichtiger Schritt, jedoch sollte nicht übersehen werden, dass das kollektive Miteinander unter diesen Maßnahmen leidet.

 

Was ist, wenn das kleine Theater nach Beendigung der Krise trotz zahlreicher Hilfsangebote doch nicht mehr öffnen kann? Oder das kleine Café um die Ecke sich bereits so verschuldet hat, dass es Insolvenz anmelden muss? Es ist an der Zeit, dass wir als Gemeinschaft gerade die unterstützen, deren Anwesenheit für uns bisher selbstverständlich war.

 

Es ist wichtig, dass der Kopf Entscheidungen trifft, die nicht nur den Magen, das Herz – wohlauf sehr wichtige Bestandteile unseres Körpers – schützen, sondern auch an die restlichen Körperteile appelliert, zusammenzuhalten, damit auch jedes Körperteil gestärkt aus dieser Krise wieder hervorgehen kann.

 

Denn unsere Gesellschaft lebt von einem kulturellen Miteinander und sollte gerade in solchen Zeiten nicht die Kraft und die Bedeutung davon vergessen.